Ein Working Cocker zieht ein

Mein Name ist Meike und ich lebe mit meinem Mann und 2 WCS in ländlicher Umgebung in Mülheim/Ruhr. Mein Hündin Salt ist von 10/2018 und Hündin Curry 07/2022.

Meine Entscheidung für den WCS ist gefallen, als ich auf der Suche nach einem 2. Hund für Agility war. Agility wurde es zwar nicht, aber das ist eine andere Geschichte. Die WCS bringen alles mit, was ich mir bei einem Hund wünsche: eine angenehme Größe, pflegeleicht, ein ausgeprägter Will to Please und vor allem Will to Work und sie versprühen den ganzen Tag gute Laune. Nur dass ich mir einen Jagdhund ins Haus hole war das einzige, was mich etwas zweifeln ließ. Aber, meine Güte, die WCS sollen einfach sein, wird schon gut gehen. Im Dezember 2018 zog also Salt bei uns ein. Sie war ein ganz entzückender Welpe und hat uns alle um den Finger gewickelt. Was ich mir alles anhören durfte: „mach nicht so viel, lass sie Welpe sein“, „du ziehst dir einen Arbeitsjunkie ran“, usw. Zusätzlich bekam ich gesundheitliche Einschränkungen, ich konnte nicht so mit ihr agieren wie ich gern gewollt oder auch gemusst hätte. So hatte Salt tatsächlich eine „sorgenfreie“ Jugend. Ein bißchen Sitz, ein bißchen Platz, was einem eben so erzählt wird. Im Haus hatten wir auch keine Probleme, Ruhe, mal abwarten, Sitz, Platz, Decke etc., alles wunderbar. Die Probleme hatten wir nur auf Spaziergängen.

Ich wollte alles richtig machen, gerade weil sie ein Jagdhund ist, habe ich mir vermeintliche Hilfe geholt.  Je älter sie wurde, desto weniger hat sie sich an mir orientiert. Mit genau 5 Monaten kam dann auch der gefürchtete Jagdtrieb zum Vorschein. Ich hatte keine Chance, sie hat jegliches Vogelvieh gnadenlos gejagt. Spaziergänge wurden zum Spießrutenlauf. Ableinen? Auf keinen Fall! Ich war so unglaublich verzweifelt, oft genug hatte ich Tränen in den Augen. Warum geht das alles schief? Ich bin doch schließlich kein kompletter Hunde-Anfänger? Dieser kleine Hund tanzte mir auf dem Kopf rum. Keiner konnte mir helfen, alle gut gemeinten Tipps brachten nichts, es ging mal besser, mal schlechter. Vertrauen konnte ich Salt draußen aber nicht. Im Dezember 2019 stand dann eine größere OP bei mir an. Salt habe ich dann 6 Wochen zu ihrer Züchterin gegeben. Bei Abholung hatten wir ein langes Gespräch. Sie hat unsere Probleme erkannt, mir liebevoll den Kopf gewaschen, Tipps mit auf den Weg gegeben. Der Wichtigste war eigentlich: Hör nicht so viel auf Andere, sondern auf Dich und deinen Bauch. Da macht man schon viel intuitiv richtig. Zu dem Zeitpunkt war Salt ca. 15 Monate alt. Also Training umgestellt, alles auf Anfang. Salt gegeben was ein WCS braucht: Impulskontrolle, Nasenarbeit, Jagdersatz in Form von Dummy-Training und noch ein paar andere Dinge habe ich geändert bzw. eingeführt. Es war eine harte Zeit, Geduld, Geduld, Geduld aber unsere Beziehung wandelte sich, Salt fing an, sich an mir zu orientieren, sie hat mich regelrecht mit anderen Augen angesehen. Heute sind wir ein Team, sie ist der Hund, wie ich ihn mir immer gewünscht habe. Ja, sie jagt immer noch gerne Vögel, und manchmal lasse ich sie auch. Auf Pfiff dreht sie wieder ab. Ja, es gibt noch immer Tage, da sticht sie der Hafer. Aber das merkt man ihr dann deutlich an und sie darf eben nicht ganz so weit vorlaufen. Leine? Brauchen wir nur noch selten, das Thema unkontrolliertes Jagen ist kein Thema mehr. Salt hat mir ganz viel gezeigt und erklärt, ich bin an ihr und mit ihr gewachsen. Sie ist mein Herzenshund.

2022, nach dem Tod unseres geliebten Border Collie Mischling „Pepper“ zog dann Curry bei uns ein. Junge, Curry war schon eine Hausnummer. Von klein auf war sie stur wie ein Esel, respekt- und distanzlos gegenüber Mensch und Tier, hat alles in Frage gestellt, Grenzen ausgelotet und überschritten. Ich sage immer: Wäre Curry mein erster WCS gewesen, hätte ich keinen mehr bekommen 😉 Aber, ich habe gelernt, Salt hat mir viel mit auf den Weg gegeben. Bei Curry herrschten von klein auf Regeln, ich habe früh und spielerisch mit Impulskontrolle angefangen und Grenzen gesetzt. Ich habe selten im klassischen Sinne trainiert, sondern sie ständig und immer im Alltag gelobt, wenn sie von sich aus etwas gezeigt hat, was ich gern sehen wollte, was gut war. Alles andere habe ich ignoriert (wenn es denn Dinge waren, die man einfach ignorieren kann). Curry lernte schnell, die Erziehung war fast schon ein Selbstläufer. Jagen war nie ein Thema, sie ist am Wild unglaublich gehorsam, sicherlich auch dem geschuldet, dass ich nie mit Verboten gearbeitet habe, sondern mit Lob, wenn sie Wild oder auch Vögel angezeigt hat. Daraus ist dann entstanden, dass sie Wild und Vögel anzeigt, sich zu mir umdreht und ich Curry sagen kann, was zu tun ist. Aber auch den Rückruf habe ich penibel aufgebaut. Egal was ist, außer das Futter von Nachbars Katze ist erreichbar, sie kommt auf Pfiff prompt zurück. Ich bin sehr stolz auf Curry, und ein bißchen auch auf mich. Curry hat meine Nerven ordentlich strapaziert, da dann ruhig zu bleiben war teilweise eine Herausforderung.

Wie heißt es so schön? Das erste Jahr ist das Anstrengendste, aber wenn man am Ball bleibt, zahlt es sich ein Leben lang aus.

Heute habe ich zwei tolle, zuverlässige WCS die ich nicht mehr missen möchte. Und ja, sie brauchen Arbeit, denn wenn sie keine haben, machen sie Arbeit. Das habe ich mal irgendwo gelesen und unterschreibe es. Salt wurde anfänglich mal im Sport geführt, sie macht das gerne und toll, aber beide Hunde leben für die Nasenarbeit oder das Dummytraining. Und so führe ich beide Hunde im Dummysport und Flächensuche. Hin und wieder baue ich für Salt noch Curving-Stangen auf, sie hat Spaß dran, aber nicht so viel wie bei der Sucharbeit 😉 Da ich gerne noch den Jagdschein machen möchte, hat Curry schon die ersten Schritte in der Ausbildung zur Brauchbarkeit gemacht und schlägt sich wacker.

Rückblickend kann ich sagen, dass ein WCS wirklich nicht schwer zu erziehen / auszubilden ist. Dennoch ist und bleibt er eben ein Jagdhund. Ich bin oft kontaktiert worden mit der Frage, wie ich das Thema Jagen mit Salt in den Griff bekommen habe. Das scheint also tatsächlich ein Problem zu sein, wenn man sich einen solchen Hund ins Haus holt. Nicht nur bei mir. Es wird halt nur nicht gerne darüber gesprochen oder zugegeben 😉 Meine persönliche Meinung: Ein WCS muss nicht zwingend jagdlich geführt werden, aber es macht die ganze Sache deutlich einfacher, wenn er auch mal das tun darf wofür er gemacht ist und er Aufgaben zum Thema Suche (Nasenarbeit) und Apport bekommt. Und für uns war das auch der Schlüssel zum Erfolg, salopp gesagt: Salt muss nicht mehr alleine jagen, sie macht es ja mit mir zusammen.

Ein WCS ist sicherlich kein Hund für jedermann, als reiner Familienhund ungeeignet. Aber wenn man das weiß, sich mit dem Wesen des WCS auseinandersetzt und ihm eine sinnvolle Aufgabe gibt, sind sie tolle Begleiter, im Sport, auf der Jagd, als Spürhund u.v.m. Ich möchte keinen anderen Hund mehr haben, solange ich in der Lage bin, einem WCS gerecht zu werden.

2 Replies to “Ein Working Cocker zieht ein”

  1. Rehfeld

    Sehr geehrte Working Cocker Eigentümerin!

    Auch besitzen einen Working Cocker Rüden Wurftag 08.01.2024
    Ich möchte mich gern mit Ihnen austauschen, unser Wohnort ist Duisburg.
    Viele Grüße
    Hansjörg Rehfeld

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  2. Rüdiger Tietjen

    Moin Meike,
    hoch interessiert, habe ich Deinen Bericht gelesen.
    Seit 40 Jahren bin ich Jäger und habe DJT, DD, Chesky Fousek u.a. geführt – und bis zur VGP ausgebildet. Nun ist mein letzter Hund von mir gegangen – und ich bin immer noch sehr traurig.
    Gestern habe ich in Dangast eine Dame gesehen, die aus Oldenburg kommt und einen ECS aus der Arbeitslinie führt. Mann – ich war und bin total schockverliebt!
    Kannst Du ( und Dein Mann) mir vielleicht helfen, indem Ihr mir Adressen vermittelt, wo ich einen solchen Welpen bekommen kann?
    Mit lieben Grüssen
    Rüdiger Tietjen (ruediger.tietjen@t-online.de)

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